In unserer hocharbeitsteiligen Gesellschaft haben sich Form und Inhalt weitgehend voneinander entfernt. Es gibt Menschen, die mit viel theoretischer Bildung Texte schreiben und so Inhalte für Bücher bereitstellen. Und es gibt Menschen, die mit viel Handwerkskunst Bücher herstellen und den Inhalten so eine bestimmte Form geben. Aber beide Arbeitsbereiche wissen oft wenig voneinander.
Eine Anekdote zur Illustration

So ist ein Autor, der sein Buch bei einem Zuschussverlag veröffentlicht hat, im Nachhinein überrascht, dass ein Literaturagent sein Buch kritisiert. Serifenlose Schriften seien für die Leser:innen anstrengender als Serifenschriften, bemerkt der Agent – und verlangt für diesen Hinweis nicht einmal ein Honorar. Der Autor ist dankbar für die uneigennützige Hilfe und entschlossen, den Hinweis beim nächsten Buch zu berücksichtigen.
Natürlich liegt der Fehler nicht beim Autor, sondern beim Verleger des Zuschussverlags. Aber der Autor war aufgrund mangelnden Wissens auch nicht in der Lage, in den Herstellungsprozess einzugreifen. Tatsächlich dürfte ein solcher Fall nicht selten sein, sind doch viele Autor:innen auf Zuschussverlage angewiesen.
Warum Serifenschriften?
Serifenschriften, so die Annahme, ermüden die Leser:innen bei längeren Fliesstexten weniger. Also ist es angebracht, bei Prosatexten Serifenschriften zu verwenden. Schliesslich soll ein Buch Vergnügen bereiten und den Leser:innen nicht unnötige Hindernisse in den Weg stellen.
Da Lesen eine Übungs- und Gewohnheitssache ist, nimmt die Herstellung im besten Fall auf diese Gewohnheiten Rücksicht. Zwar ist nicht erwiesen, dass Schriften ohne Serifen prinzipiell besser lesbar sind als Schriften mit Serifen. Aber die älteren Serifenschriften haben unserer Lesegewohnheit mehr geprägt als neuere serifenlose Schriften.
Die Herstellung künstlerischer Bücher mag Ausnahmen von einer solchen Regel erfordern. Ausnahmen sollten aber nicht willkürlich gemacht werden, sondern wohl begründet sein. Die Frage, was eine Schrift vermitteln soll, braucht auf jeden Fall eine Antwort.
Schriften vermitteln mehr als Buchstaben
Die Vielfalt von Schriften, die im digitalen Zeitalter zur Verfügung stehen, lädt zu Spielereien ein. Dagegen ist wenig einzuwenden. Die Vielfalt verlangt aber auch nach einer entsprechenden Sensibilität für Schriftbilder. Im besten Fall ergänzt eine geeignete Schrift ihren sprachlichen Inhalt.
Dabei kann eine Schrift neutral bleiben, indem sie als Schrift, die weitgehend den Lesegewohnheiten entspricht, unauffällig hinter den Inhalt zurücktritt. Die Schrift kann den Inhalt aber auch unterstreichen. Und in bestimmten Fällen ist es vielleicht sogar angezeigt, mit dem Inhalt zu brechen.
Es bleibt allen an der Herstellung von Büchern Beteiligten überantwortet, abzuwägen, wann welcher Fall eintritt. Der Austausch von Know-How führt wenigstens zu einem Mindestmass an gegenseitigem Verständnis. Mit aller Wahrscheinlichkeit entstehen unter solchen Voraussetzungen nicht nur schönere und bessere Bücher, sondern der Herstellungsprozess dürfte insgesamt befriedigender sein.
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